Da es uns von einem Backpacker
empfohlen wurde, steuern wir in Cairns ein Hostel namens Northern
Greenhouse an. Und tatsächlich - es ist gut und günstig, wohl eine
der besten Unterkünfte, die man in dieser Gegend finden kann. Den
ganzen Tag gibt es kostenlosen Tee und Kaffee, die Zimmer sind sauber
und es gibt einen großen Pool, den wir aber leider nicht nutzen
können, da es in Strömen regnet. Außerdem gibt es kostenloses
Internet, Billiard und fast täglich irgendwelche Touren, die günstig
angeboten werden.
Kaum sind wir angekommen, erfahren wir
von einer Segeltour, bei der man heute für 15 Dollar mitmachen kann.
Da wir in Australien sind, wo man schon für ein 6er-Dorm mal locker
25 Dollar blechen muss, erscheint uns dieses Angebot echt günstig
und so melden wir uns schnell noch an und starten auch schon eine
viertel Stunde später. Wir werden auf verschiedene Boote verteilt
und sollen die nächsten 4 Std. mit der zugeteilten Crew verbringen,
meinerseits ein Team von vier segelbegeisterten Rentnern und einer
übergewichtigen 8jährigen, der man u.a. die Weisheit mit dem Löffel
gefüttert hat. Am Anfang werden mir verschiedene Knoten erklärt
(Kommentar der 8-Jährigen: „Also ICH hab diesen Knoten ja schon
beim allerersten Mal richtig gemacht!“) und sonstige Grundlagen des
Segelns erläutert. Und so stechen wir nach einer halben Stunde
Einführung in See. Hochmotiviert und vollgepumpt mit Infos... ich
bin bereit! Euphorisch winken Joi und ich uns zu. Unser erstes Mal
Segeln! Yeah! Die Freude über die nächsten vier Stunden auf See ist
uns wie ins Gesicht geschrieben.
Die ersten 10min machen eigentlich echt
Spaß. Zieh mal an dem Seil, knote mal das da an, vorsicht wir
drehen, huch jetzt gewinnen wir aber an Fahrt. Ich würde sogar
soweit gehen zu behaupten, die ersten Minuten sind spannend!! ….bis
dann irgendwann ganz plötzlich der Wind abflaut. Unser erstes
Segelerlebnis endet damit, dass wir die folgenden 3 Std. und 50 min.
anschließend damit verbringen, uns ein Wettrennen mit den anderen
fünf Segelbooten im Schneckentempo zu liefern. Der Wind ist so gut
wie weg und denkt auch garnicht erst daran, wieder zu kommen. Wir
bewegen uns mit gefühlten 2km/h vorwärts. Meine Rentnertruppe cremt
sich eifrig mit Sonnencreme ein, obwohl die Wolken über uns immer
dunkler werden. „Yes! Wir holen den Big Eagle (ein anderes
Segelboot) gleich ein!“, freut sich einer und klatscht kichernd in
die Hände. „Gleich“ ist in diesem Zusammenhang ein zeitlich sehr
dehnbarer Begriff. Mit jeder Minute sinkt meine Euphorie und auch Joi
sehe ich in 300m Entfernung konstant alle 5 Minuten herzhaft gähnen.
Oh Gott, noch drei Stunden! Zu allem Überfluss fängt es nach
einiger Zeit auch noch an zu nieseln. Aber meine Rentnercrew ist hart
im Nehmen und segelt voller Elan weiter, ganz nach dem Motto: Man
kann auch ohne Wind in den Segeln Spaß haben!
Da könnte man fast auf den Gedanken
kommen, Segeln sei sterbenslangweilig. Zum Glück sollen wir
demnächst aber noch ein anderes Segelerlebnis haben. Dazu bald mehr.
Abends spielen wir Billiard und ich
gehe mit ein paar Leuten weg (Joi ist müde und geht schlafen). Mir
fällt auf, dass alles schon wahnsinnig früh zumacht. Die Stimmung
in den Clubs kann noch so gut sein (alle tanzen auf den Tischen),
doch die Leute gehen schon um 1 oder 2 Uhr nach Hause. Die Clubs, die
etwas länger offen haben (und dann auch nur ETWAS länger), lassen
einen nach einer bestimmten Uhrzeit nicht mehr rein, selbst wenn man
nur eine rauchen wollte und seine Jacke inklusive den Leuten, mit
denen man gekommen ist, noch im Club sind. Und da lässt der
Security-Mann auch nur sehr ungern mit sich verhandeln. Er erzählt
mir, dass er nach seiner Anweisung auch niemanden mehr reinlassen
darf, der nur mal schnell zum Telefonieren nach draußen gegangen
ist, auch wenn derjenige ja eigentlich einen Stempel hat. Macht das
irgendwie Sinn? Ich bin verwirrt. Auch darf man in Australien –
aber das ist ja eigentlich allgemein bekannt – keinen Alkohol auf
der Straße trinken. Läuft jemand mit einer Bierflasche in der Hand
am Gehsteig entlang, gibt’s also Ärger! Auch in der nächsten Zeit
sollen wir noch öfter feststellen, wie viele Regeln es eigentlich in
Australien gibt. Und wir dachten schon, Deutschland übertrifft
alles. Aber nein, die Australier sind nochmal um einiges, naja,
nennen wir es: organisierter.
Auch am nächsten Tag ist der Himmel
grau und das Wetter relativ deutsch. Als der Regen später einmal
eine ausgiebige Pause einlegt, erkunden wir Cairns, stellen aber bald
fest, dass es in dieser kleinen tropischen Stadt garnicht so
besonders viel zu erkunden gibt. Auch in Cairns laufen ziemlich viele
Aboriginies herum, aber nicht so viele wie in Darwin. Das fällt uns
vor allem deshalb auf, da wir in Perth so gut wie keinen zu Gesicht
bekommen haben. Wir besuchen eine kleine Kunstgalerie von
Aboriginies, chillen anschließend an einem öffentlichen
„Schwimmbecken“ mit Meerwasser und genießen die Sonne, die
plötzlich zum Vorschein gekommen ist.
Abends lerne ich ein paar Brasilianer
kennen, mit denen ich feiern gehe bis unser Bus um halb 1 fährt. Wir
verbringen die Nacht im Bus, was sowohl Zeit- als auch
Übernachtungsgeld-sparend ist, und kommen am nächsten morgen in
Airlie Beach an. Schon in den ersten paar Minuten fällt uns auf,
dass ganz Airlie Beach aus Hostels, Restaurants, Bars, Kleidungsläden
und Reisebüros zu bestehen scheint. Man fragt sich unwillkürlich,
ob es hier überhaupt noch irgendwo Einheimische gibt, von
Aboriginies ganz zu schweigen. Alles ist außerdem unglaublich teuer,
was aber auch daran liegt, dass morgen Silvester ist und die Preise
nochmal ordentlich hochgeschraubt wurden. Deshalb gestaltet es sich
auch erstmal als Herausforderung, überhaupt noch irgendwo ein
„günstigeres“ Zimmer zu ergattern.
Uns bleibt am Ende nichts anders übrig,
als 35 Dollar pro Person für ein Doppelzimmer zu zahlen, das
anscheinend das einzige noch verfügbare Zimmer weit und breit ist,
aber vom Preis her im Gegensatz zu anderen Hostels noch einigermaßen
geht. Die ausgelassene Partystimmung, in der hier jeder zu sein
scheint, sorgt jedoch dafür, dass wir mit Leichtigkeit ein paar
balinesische Armbändchen, Ohrringe und Geldbeutel am Strand
verkaufen können und damit wieder ein bisschen Geld verdienen. Somit
können wir den utopischen Übernachtungspreis gerade nochmal
verschmerzen.
Da es anscheinend in Airlie Beach doch
nicht so tolle Silvesterparties gibt, wie uns angekündigt wurde, die
Touristenbüros aber mit allen möglichen Silvestertouren werben,
schauen wir uns das mal genauer an. Als wir in einigen Büros nach
noch verfügbaren Angeboten fragen, bekommen wir erst einmal nur
mitleidige Blicke zugeworfen. Alles ist bereits ausgebucht. Wir
überlegen, ob wir nicht doch weiter südlich fahren, da uns hier
alles ziemlich aussichtslos erscheint. Doch dann, als wir garnicht
mehr damit rechnen, haben wir unglaubliches Glück. Kurz nachdem wir
uns nach einer Segeltour zu den Whitsundays erkundigt haben und schon
gehen wollen, klingelt das Telefon. „Ich glaubs ja nicht“, meint
die Angestellte und blickt uns ungläubig an, „gerade haben zwei
Leute für diese Tour abgesagt.“ Wir überlegen natürlich nicht
lange und buchen, schon allein deswegen, weil wir die Tour sogar für
weniger als die Hälfte bekommen. Wir können unser Glück kaum
fassen! Die Leute im Touribüro schütteln ungläubig den Kopf:
„Diese Segeltour ist normalerweise schon Wochen vorher ausgebucht.“