Freitag, 11. November 2011

Der grosse Tag - Teil 1

Es ist ein wunderschöner Morgen. Und das wissen wir schon, bevor wir überhaupt den ersten Fuss aus dem Zelt gesetzt haben. Nicht nur, dass es aufgehört hat, zu regnen (Gott sei Dank, unser Zelt war nämlich schon kurz vorm Überfluten). Gestern haben wir bereits unseren neuen Fahrer Dennis kennengelernt und auch einen unserer neuen Guides. Neue Guides??? Ooooohjaaaaaaaaaaaa :) Heute ist nämlich der grosse Tag des Truck-Wechsels! Die Touris bleiben leider die gleichen... aber mit dem Truck werden auch gleich mal die Guides ausgetauscht... Woooohooooo! Unsere Vorfreude steigt. Diesmal kann's ja nur besser werden...

Kurzer Rueckblick: unsere Guides (Zusammenfassung)
Namen: Ryan und Juliana
beide geb. in Suedafrika, deshalb starker südafrikanischer Akzent
Erscheinungsbild: beide etwas übergewichtig, Ryan grauhaarig und Ende 50, Juliana brunette und Mitte 50, beschreibende Adjektive (auf beide zutreffend): muede, lustlos, teilnahmslos, gereizt, abgeklärt, trinkfest.
Acacia: Sie arbeiten seit 16 Jahren für Acacia und haben auch schon oft diese Strecke mit ihrem Truck, genannt Kavango, zurückgelegt. (Ob diese Arbeit nach 16 Jahren wohl langsam langweilig wird? Das würde jedenfalls einiges erklären...) 
Juliana fährt den Grossteil der Strecke und kocht (die Kochgruppe, die jeden Tag aus anderen Touris zusammengestellt wird, ist jedoch für das Schnippeln, Würzen, usw. der ganzen Sachen verantwortlich, d.h. Juliana wirft die Sachen am Ende in den Topf/die Pfanne).
Ryan... ja, was macht Ryan eigentlich... er ist wohl dafür zuständig, der Gruppe Infos über Land und Leute zu vermitteln. Das passiert aber gerade mal jeden dritten Tag, wenn wir Glück haben und sieht dann ungefähr so aus: 'So Leute, wir haben vorhin die Grenze überquert und sind jetzt hier am Supermarkt in Mzuzu, der zweitgrößten Stadt Malawis. Wir fahren in 20min weiter und kommen dann so in einer Stunde am Campingplatz an. Wenn ihr wollt, könnt ihr hier Geld wechseln, braucht ihr aber eigentlich nicht, weil man auf dem Campingplatz alles in Dollar bezahlen kann.' Da lässt der liebe Ryan dann auch nicht mit sich diskutieren, ob man nicht vielleicht mal ein bisschen länger bleiben und noch ein wenig die zweitgrößte Stadt Malawis anschauen könnte. Es ist zwar erst 2 Uhr nachmittags und der Campingplatz liegt wie immer irgendwo im Nirgendwo, aber was solls. Er wird sicherlich eine Bar haben, und da protestieren die Touris keineswegs. Nur wir - wie immer. Da man hier schon mal 15- 60 min in der Schlange steht, um Geld wechseln zu können, muss man sich nun entscheiden: Entweder Wasservorräte auffrischen und kein Geld wechseln, oder Geld wechseln und abends an der Campingplatzbar Wasser kaufen, das mind. 5mal mehr kostet. Vielleicht schafft man es aber auch garnicht mehr zu wechseln und dann steht man da, ohne Wasser und ohne malawische Kwacha. Wie auch immer man sich entscheidet - später wird man feststellen, dass Wechseln sehr sinnvoll gewesen wäre. Jedenfalls dann, wenn man den Campingplatz verlässt. Und wir halten es keine endlosen Stunden auf der Campsite aus... so outen wir uns später im nahegelegenen Village als die Touris schlechthin so ganz ohne einheimische Währung. Aber zum Glück gibt's ja andere Reisende, die nicht auf überschlaue Guides gehört haben und einem freundlicherweise aushelfen können... 
So, wo war ich? Achja, Ryan - er informiert also die Gruppe. Ausserdem regelt er ein paar Sachen an den Grenzen. Was er sonst so macht, weiss ich auch nicht so genau... ausser vielleicht trinken. Ja, das sollte man noch erwähnen. Das kann er nämlich gut.
Aber Juliana trinkt auch jeden Abend. Das sollte man vielleicht noch eher erwähnen, vor allem wenn man bedenkt, dass sie oft so betrunken ist, dass sie nicht mehr auf einer Linie laufen kann. Oder in der Bar umherrennt und Bewegungen und Geräusche macht, als wäre sie ein hyperaktiver Biber. So haben wir's jedenfalls interpretiert. Meist torkelt sie dann irgendwann mit Ryan ins Zimmer (denn die beiden schlafen nie im Zelt) und er ist derjenige, der sie stützt, obwohl er selbst betrunken ist. Das muss Liebe sein. Bedenklich ist nur, dass wir meistens schon um 5 oder 6 Uhr morgens den Campingplatz verlassen. Ich spiele zwar sonst nicht den Moralapostel, aber wenn man mit einem Truck auf afrikanischen (= teilweise unberechenbaren) Strassen unterwegs ist und 12 Leute transportiert, wäre es vielleicht ratsam, keinen Restalkohol mehr im Blut zu haben. Und erstrecht nicht jeden Abend. Ich frage mich, ob die Touris wohl von Julianas offensichtlichem Alkoholproblem Kenntnis genommen haben. Dann frage ich mich, wie viele unserer Touris wohl ein Alkoholproblem haben. Und dann fange ich an, mich zu fragen, ob ich wohl langsam ein Problem mit Alkohol habe. Bei der Trinklaune, in der sich sowohl Touris als auch Guides ununterbrochen befinden, vergeht einem irgendwie die Lust auf 'schnell mal einen Drink in der Bar'.
Jetzt bin ich leicht vom Thema abgekommen.
Was kann man noch so zu Ryan und Juliana sagen? Vielleicht noch, dass sie entweder unsere Namen nicht kennen oder sie einfach nicht mögen. Und sie scheinen uns nur als Doppelpack anzusehen, anstatt als zwei eigenständige Personen. Denn von Anfang an sind wir immer nur: 'The Germans' oder 'The German girls'. Nach ein paar Tagen hat es die Gruppe übernommen und so sollen wir für 3 Wochen so gut wie garnicht mehr unsere normalen Namen hören.
Man koennte noch viele Stories über unsere Guides erzählen, aber irgendwie gibt es dann doch schönere und interessantere Geschichten für den Blog.... ;)
Im Grossen und Ganzen wirken die beiden wie ein Guidepärchen, das sowohl am Reisen als auch am Beruf als Guide den Spass verloren hat und vielleicht mal irgendwas anderes machen sollte, um die nächsten Generationen von Acaciareisenden zu verschonen, die wirklich Land und Leute kennenlernen wollen. 

Der Tag des Truck- und Guidewechsels ist also endlich da und wir freuen uns auf die letzten Tage mit dem neuen Truck (namens Wali the Pig), dem Fahrer Dennis und den beiden Guides Prosper und Tony. Jetzt freuen wir uns aber erstmal auf das Frühstücksbuffet, das es heute im Restaurant gibt. Endlich ist mal was im Preis inklusive! Wir beeilen uns und kommen überpünktlich im Restaurant an, laden uns den Teller voll und ergattern zusammen mit Fiona einen Tisch in der Sonne direkt am Zambezi-River. Es ist traumhaft!
Nach und nach trudelt auch unsere Gruppe ein, die wohl verkatertsten Touris des ganzen Campingplatzes...

 
 


Montag, 7. November 2011

Fiona (unsere australische Mum) & unsere letzten Tage mit Acacia:



Wir sind nicht mehr allein unter den Touris! Wir haben uns mit Fiona, einer 50jaehrigen Australierin, verbuendet. So erkunden wir nun mit ihr die Umgebung, sobald wir an den Camps ankommen, anstatt mit dem Rest der Gruppe die Bar anzusteuern. Wir sind endlich nicht mehr die einzigen, die sich fuer Kultur, Land und Leute interessieren. Wir verstehen uns super mit Fiona. Ueberall wo wir hingehen, werden wir glatt als ihre 2 Toechter angesehen J Sie laedt uns sogar ein, Weihnachten mit ihr zu feiern, falls sie dann in Australien ist. Sie war 15 Jahre mit einem Deutschen verheiratet, und backt immernoch jedes Weihnachten Plaetzchen. Wir sind begeistert! Ein bisschen heimisches Flair an Weihnachten kann nicht schaden. Bis jetzt hatten wir zwar noch kein Heimweh, aber an Heilig Abend werden wir unsere Familien und Freunde schon vermissen...


Livingstone/Sambia:

Wir kommen an den Viktoriafaellen an und unsere Guides goennen uns ganze 2 Std. Eigentlich koennte man den ganzen Tag an den Faellen verbringen. Aber als wir merken, dass die Guides nicht mit sich verhandeln lassen, verschwenden wir keine Zeit und machen uns mit Fiona auf den Weg. Wir klettern bis zum Zambezi-River hinunter (Zwischendrin werde ich (Eva) ploetzlich von einem Affen angegriffen, der sich meine Tasche krallt und eine Ewigkeit daran zerrt. Ich schreie ihn an, aber er laesst nicht los und zeigt fauchend (?) seine Zaehne. Erst als ein Mann schreiend mit einem Stock in der Hand auf ihn zurennt, laesst er von meiner Tasche ab und verschwindet im Gebuesch), erkunden beide Seiten der Falls und sprinten zu guter Letzt zurueck zum Truck. Bis auf den aggressiven Affen ist es einfach wunderschoen und wie im Urwald.
Die Touris erwarten uns schon alle am nahegelegenen Souvenirmarkt. Schade, wir waeren gerne noch laenger geblieben….

Am Camp angekommen, werden wir erstmal in einen Touri-Film geschleift, in dem uns saemtliche Aktivitaeten, die wir in und um Livingstone machen koennen, praesentiert werden. Nach dem Film buchen unsere Touris gleich fuer mehrere hundert Dollar Aktivitaeten, wie Bunji, Helicopter Flug etc…waehrend Fiona und wir kopfschuettelnd den Raum verlassen. White Water Rafting wuerden wir wirklich gerne machen, aber 160 Dollar sind einfach zu viel. Eva will Bunji machen, das kostet aber auch zu viel. Zu allem Ueberfluss ist die Verpflegung in Livingstone ausser Fruehstueck nicht inklusiv, d.h. fuer uns und Fiona: Selbstversorgung. Fuer die Touris: Restaurant. Hinzu kommt, dass man das Camp nicht zu Fuss verlassen soll, da es sich mitten in einem Nationalpark befindet und Elefanten frei herumlaufen.
Wir fragen uns, warum wir ganze 4 Tage hier bleiben. Immerhin kann man hier sogut wie nichts machen, ausser sein Geld fuer Touriaktivitaeten oder im Restaurant auszugeben. Dass man, wenn man eine Aktivitaet bucht, die Namen der Guides angeben soll, kommt uns auch komisch vor.
An sich ist der Campingplatz aber wirklich schoen. Direkt am Zambezi-River gelegen, mitten in der Natur. Man fuehlt sich ausserdem fast wie in einem Affengehege. Staendig jumpen die kleinen frechen Aeffchen um einen herum und halten nach allem Ausschau, was irgendwie nach etwas Essbarem aussieht.

Wie schon erwaehnt freunden wir uns immer mehr mit Fiona an. Wir fahren mit ihr mehrmals mit dem kostenlosen Shuttlebus in die Innenstadt. Unsere Guides und die Leute vom Campingplatz meinen, wir muessen zurueck ein Taxi nehmen, weil kein Bus und auch kein Dalla Dalla in die Richtung fahren und Laufen zu gefaehrlich ist. So trampen wir einmal mit zwei freundlichen Suedafrikanern zurueck, einmal treffen wir im Supermarkt auf 4 sehr nette deutsche Maenner, die auf dem Weg zur Waterfront sind und uns mitnehmen und auf einen Drink einladen. Einmal nehmen wir auch ein Dalla Dalla, das in die Richtung faehrt (also doch!). Irgendwie koennen wir uns nicht so richtig vorstellen, dass es wegen der Elefanten so gefaehrlich ist, immerhin sind auf der Strasse Tag und Nacht Bauarbeiter unterwegs.
In Livingstone schlendern wir ueber kleine Maerkte und durch die Strassen, kaufen auf dem Gemuese- und Obstmarkt unser Abendessen, setzen uns in kleine Cafes und geniessen das afrikanische Flair, schreiben Postkarten. Nebenbei: Joi kann kein Deutsch mehr! Entweder sie erfindet deutsche Woerter (wie unrespektvoll), verdeutscht englische Woerter (“Das muessen wir aber mal observieren”) oder formuliert irgendwelche strangen sentences, indem sie german und englische words vermixt.
Da das Essen ja nicht inklusiv ist, kochen wir jeden Abend. Einmal koennen wir gnaedigerweise den Kocher unseres Trucks benutzen (aber nur sehr widerwillig), einmal werden wir super nett von Leuten eines anderen Trucks aufgenommen, die uns Toepfe und alles zur Verfuegung stellen, uns Gemuese schenken und dann auch noch heisse Schokolade fuer uns machen (purer LuxusJ!). Als unsere Touris eines Abends von der sogenannten “Buse Cruise” (55Dollar-teure Bootsfahrt mit Getraenken inklusive) wiederkommen, beschliessen wir, den Kocher zu benutzen. Eigentlich duerfen wir ihn ja nicht nehmen, wir sind aber hungrig und die stockbetrunkenen Touris sind eh damit beschaeftigt, torkelnd die Bar anzusteuern. Unserem ebenfalls betrunkenen Guide ist ausserdem anscheinend alles egal. Als wir ihm berichten, dass Affen vor dem Truck alles verwuestet haben (Teller und Besteck liegen auf dem Boden verteilt, alle von den ungefaehr 20 Eiern (warum auch immer sie draussen stehen gelassen wurden) sind zerbrochen und aufgegessen, eine grosse Tuete Mehl wurde aufgerissen und ebenfalls ueberall verteilt, ein paar Affen sitzen noch immer kauend oder total verstaubt auf dem Tisch herum und gucken einen skeptisch an, sich selbst keiner Schuld bewusst), lacht er nur und lallt irgendwas von “morgen wegmachen”. So zuecken wir also schnell unsre Spaghetti, um mal fuer ein paar Minuten  den Kocher zu benutzen. Duerfte ja im Vergleich zu dem Schlachtfeld, das die Affen hinterlassen haben, keine grosse Sache sein, denken wir uns. Aber nix da – Ryan unser Guide ist da anderer Meinung. Als er an uns vorbei in Richtung Truck torkelt, entdeckt er das dampfende Wasser und bekommt ploetzlich einen knallroten Kopf – oder liegts am Alkohol? Oh nein, Ryan faengt ploetzlich an uns wuetend anzulallen und wird immer lauter. Die Message ist ungefaehr folgende: ‘Was macht ihr da? Wer macht die Schweinerei hier wieder weg?’ (“Aeh, Ryan, das waren die Affen! Wir haben nur den Kocher…”) ‘Und was ist eigentlich euer Problem? Alle anderen aus der Gruppe buchen Aktivitaeten, nur ihr nicht! Warum wart ihr nicht mit auf der Buse Cruise und geht auch sonst fast nie mit in die Bars, um mit der Gruppe was zu trinken?’ (“Wir sind eigentlich nicht zum Trinken nach Afrika…”) ‘Warum muesst ihr immer was anderes machen als die Gruppe?’ usw. Waehrend Ryan sich immer mehr in Rage redet und anscheinend endlich mal das loswerden kann, was er uns schon immer mal sagen wollte, werden wir immer fassungsloser. In unserer Acacia-Info stand leider nichts davon, dass man sich jeden Abend mit der Touri-Gruppe in Bars betrinken und ueberteuerte Aktivitaeten buchen muss. Oder haben wir das Kleingedruckte nicht gelesen? Irgendwann ist er ploetzlich mit seiner Rede am Ende, dreht sich um und torkelt von dannen.
Spaeter am Abend, nachdem wir mal wieder super nette Leute von anderen Trucks kennengelernt haben, schauen wir mal in der Bar vorbei – und trauen unseren Augen nicht. Unsere Tourigruppe hat den gesamten Tresen eingenommen und amuesiert sich sichtlich betrunken. Neben der Bar sind mehrere vollbesetzte Tische mit anderen Leuten von Campingplatz – und alle Augen blicken zu zwei extrem pummligen Maedels unserer Gruppe, die sich  tanzend und singend von der Bar zum Pool bewegen und sich bis auf die (durchsichtige!?? L) Unterwaesche ausziehen und ins Wasser springen. Ich sage nur: Kein schoener Anblick. Und: Fremdschaemen! Wir sind mehr als schockiert…
Ryan gesellt sich spaeter zu uns (wir sitzen mit ein paar anderen Leuten am Tisch) und moechte kurz mit uns reden. Er wirkt etwas nuechterner als zuvor und spricht ploetzlich ungewohnt freundlich mit uns. Die Message ist ungefaehr folgende: ‘Es tut mir sehr Leid, ich habe vorhin uebertrieben. Lasst uns das alles vergessen!’
Wir wissen garnicht, wie uns geschieht. Vor allem, als Ryan uns dann auch noch freundschaftlich umarmen will…
Fortsetzung folgt.